Planet ocean




Planet Ocean on Facebook  Planet Ocean on Instagram  Planet Ocean on Youtube

Viele unserer Nächte auf Ascension haben wir am Strand verbracht. Ascension hat nämlich die zweitgrösste Population an Suppenschildkröten (Chelonia mydas) im Atantischen Ozean mit 2.000 bis 4.000 Individün und bis zu 25.000 Nestern jährlich. Für uns eine einzigartige Gelegenheit, diese wunderbaren, grossen Meeresschildkröten aus der Nähe zu bestaunen.

Eine Nacht war für uns dabei ganz besonders. Das Wetter war regnerisch und wir waren alleine am Strand, als wir einen Platz fanden, wo wir von vier grabenden Schildkröten umringt waren. Ganz ruhig sassen wir dazwischen und lauschten den schweren, tiefen Atemzügen und den Geräuschen des Grabens. Zur gleichen Zeit plagten sich noch weitere fünf massige Suppenschildkröten den Strand hinauf und wir wussten im ersten Moment nicht wohin wir uns bewegen sollten um sie nicht zu stören. Also einfach ruhig sitzen bleiben und abwarten wo sie zu graben beginnen, um ihnen dann noch bei der Eiablage Gesellschaft zu leisten.

01_Beautiful_Green_Turtle_(Chelonia_mydas-Suppenschildkroete)_in_the_early_morning_hours
02_Early_morning_turtle_tracks_and_Pakia_tea_in_the_background
03_At_least_the_turtles_could_lay_their_eggs_before_being_turned_over_and_transported_to_the_turtle_ponds
04_Turtles_awaiting_their_faith_in_the_turtle_ponds
05_One_thing_you_never_should_do_because_it_really_hurts_the_turtles
06_The_old_turtle_ponds_where_turtles_were_kept_for_eating_during_off_season
07_That_is_how_turtles_were_transported_to_the_UK_for_turtle_soup
08_Finally_reaching_the_ocean_after_being_very_exhausted_from_laying_the_eggs

Nachdem die Zahl der Tiere im 19. und frühen 20. Jahrhundert stark dezimiert wurde ist diese Population seit Beginn der Untersuchungen im Jahre 1977 eine der wenigen weltweit die stetig zunimmt. Wie deren Name schon vermuten lässt, waren die Schildkröten bei Seefahrern und den Bewohnern der Insel sehr beliebt. Per Gesetz mussten sie die Schildkkröten zürst die Eier legen lassen und erst danach wurden die Tiere auf den Rücken gedreht und dann in sogenannte Turtle Ponds, kleine Betonbecken, eingesperrt und dort gehalten. Diese kann man heute noch in Georgetown sehen. Jede Woche wurde dann eines getötet und verspeist. Zusätzlich wurden viele mit Booten nach England transportiert, wo Schildkrötensuppe eine gern genossene Delikatesse war. Die letzten wurden sogar noch in den 50iger und 60iger Jahren gegessen. Mittlerweile stehen sie wie alle anderen Meeresschildkrötenarten streng unter Schutz. Auf Ascension gibt es die einzigartige Gelegenheit Suppenschildkröten beim Paarungsritual sowie bei der Eiablage und später die Jungen nach dem Schlüpfen in den Monaten von Dezember bis Mai zu beobachten.

09_Once_the_turtle_starts_laying_her_eggs_she_is_in_a_kind_of_trance
10_An_abandoned_egg_chamber
11_Turtle_eggs
12_Turtle_closing_her_egg_chamber_with_the_back_flippers
13_Turtle_throwing_lots_of_sand_on_the_closed_egg_chamber
14_Finishing_up_her_nest
15_Turtle_just_leaving_her_nest
16_Finally_reaching_the_sea_in_the_early_morning_hours

Der Hauptniststrand - Long Beach mit bis zu 10.000 Nestern pro Saison - liegt direkt neben dem Hauptort Georgetown. Dort weisen grosse Hinweisschilder auf die Schildkröten hin und wie man sich am Strand in der Nacht verhalten soll. Nach dem Sonnenuntergang beginnt der Landgang zum Eier legen und man kann die dunklen Schatten ihrer grossen Panzer schon von weitem am hellen Strand ausmachen. Mit unglaublicher Kraftanstrengung, da sie ihr eigenes Gewicht im Wasser ja nicht spüren, mühen sich die Kolosse, welche bis 250 kg und 150 cm gross werden können, vom Wasser weg den Strand hinauf. An einem für sie geeigneten Platz über der Hochwasserlinie beginnen sie dann eine grosse Kuhle zu graben wobei der Sand einige Meter durch die Luft fliegt. Dann höhlen sie noch mit den Hinterbeinen eine kleineres Loch aus, die sogenannte Eikammer, und beginnen ihre zwischen 120 und 140 Eier dort hinein zu legen. Danach wird die Kammer vorsichtig zugeschüttet, fest gedrückt und mit allen vier Flossen jede Menge Sand auf die Stelle geworfen, sodass man danach nicht mehr weiss wo sich die Eier eigentlich befinden. Die Schildkröten wirken dabei schon sehr müde und sind froh wenn sie nach 3 Stunden endlich wieder das Wasser erreichen und ihr Gewicht nicht mehr spüren müssen. Jede weibliche Suppenschildkröte kommt in einer Saison im Schnitt sechs Mal in einem Abstand von zwei Wochen an den Strand und jede legt somit insgesamt im Schnitt 720 und 840 Eier. Von den Jungen überlebt mit viel Glück vielleicht eines (im Schnitt eine Schildkröte von 1.000 bis 10.000 Eiern) bis zur Geschlechtsreife nach 25 Jahren, um wieder hier her zurück zu kommen und sich fort zu pflanzen. Allerdings kommen sie wegen der gewaltigen Distanz nur alle 3 bis 4 Jahre. Normalerweise leben sie an den Küsten Brasiliens, wo sie genug Seegras, ihre Hauptnahrung neben Algen, zum Fressen vorfinden. Zur Paarung und zum Eier legen nehmen sie einen Weg von 2.000 Seemeilen auf sich, für den sie 5 bis 6 Wochen brauchen. Genau den gleichen Weg den wir jetzt Richtung Südamerika und Brasilien segelnd zurück legen. Während der ganzen Zeit in Ascension können sie auch nichts fressen, da es hier kein Seegras und keine Algen für sie gibt. So halten sie monatelang ohne Futter aus.

Die kleinen Schildkröten schlüpfen dann nach 6 bis 10 Wochen und nach Erreichen des Wassers schwimmen sie für ca. 24 Stunden ununterbrochen - juvenile frenzy genannt - aufs offene Meer hinaus. Dort bleiben sie bis sie ungefähr Suppentellergrösse erreicht haben und dann an den Fressgründen an der Küste auftauchen.

Gepaart wird oft direkt vor dem Niststrand, in unserem Fall direkt an unserem Ankerplatz. In ihrem Liebestaumel kollidieren sie manchmal mit einem grossen Rums auch direkt mit den Booten vor Anker. Wir haben noch nie so viele Meereschildkröten gesehen und man begegnet ihnen einfach überall unter und über Wasser. Die Weibchen liegen oft irgendwo in 20 m Wassertiefe und rasten sich für ihre nächste Eiablage aus. Die Männchen sind neugieriger und aktiver, wir begegnen ihnen oft bei unseren Schnorchel- und Tauchengängen.

17_Happy_to_get_back_into_the_water_and_not_to_feel_her_own_weight
18_Another_busy_night_on_Long_Beach
19_An_old_nest_where_the_young_ones_already_hatched
20_Lots_of_turtles_are_mating_next_to_our_boat
21_North_East_Bay_with_slightly_darker_and_therefor_warmer_sand
22_Meeting_with_a_Green_Turtle_under_water

Im Moment stellen Wissenschaftler hier gerade das Geschlechterverhältnis der frisch geschlüpften Schildkröten fest. Da das Geschlecht durch die Tempertur des Nestes bestimmt wird vermuten die Forscher, dass sich durch die Klimärwärmung auch die Temperatur des Sandes erhöht und sich der relative Anteil von Weibchen und Männchen verändert. Ist die Temperatur unter 29°C schlüpfen im Schnitt mehr Männchen, ist sie darüber sind es mehr Weibchen. Auch die Färbung des Sandes hat dabei eine Auswirkung, so schlüpfen im Norden der Insel, in der North East Bay, immer mehr Weibchen als Männchen, da der Sand dunkler und somit wärmer ist. Falls sich die Vermutung bestätigt, könnte das bedenkliche Auswirkungen auf die Populationsentwicklung haben. Das lässt sich aber erst in Langzeitstudien feststellen. Im Moment ist alles in Ordnung und wir hoffen dass die Population trotz Abnahme und Zerstörung ihrer Fressgründe weiter wächst und noch viele Menschen die Gelegenheit haben eine dieser magischen Nächte mit den Schildkröten an den Stränden von Ascension verbringen zu können.